Das bulgarische Gymnasium

 

Das Gymnasium ist eine der zentralen Möglichkeiten für bulgarische Kinder, nach der 7. Klasse ihre schulische Ausbildung fortzusetzen. Diese Entscheidung basiert in der Regel auf den Ergebnissen der großen nationalen Aufnahmeprüfungen, die nach der 7. Klasse stattfinden. Die Schüler müssen dabei eine Prüfung in Mathematik sowie einen Test in Bulgarischer Sprache und Literatur bestehen. Für den Besuch spezieller Kunst- oder Musikgymnasien sind zusätzliche Prüfungen in Malerei, Musik oder anderen künstlerischen Fächern erforderlich.

Beginn des Gymnasiums nach der 7. Klasse

Das bulgarische Gymnasium beginnt üblicherweise mit der 8. Klasse, unmittelbar nach Abschluss der 7. Klasse. Die Schüler haben verschiedene Optionen: das Fremdsprachengymnasium, das Berufsgymnasium oder den Besuch einer Berufsschule. Eine weitere Möglichkeit ist, in der allgemeinen Schule (Oberschule ohne fachlichen Schwerpunkt) zu verbleiben. Besonders begehrt sind die bulgarischen Fremdsprachengymnasien, die wegen ihres hohen Ansehens und der ausgezeichneten Ausbildung viele Bewerber anziehen. Daher werden nur die Schüler mit den besten Ergebnissen der nationalen Prüfungen aufgenommen. Im ersten Jahr liegt der Schwerpunkt auf dem intensiven Erlernen der gewählten Fremdsprache. Zusätzlich werden Fächer wie Mathematik, Bulgarische Sprache und Literatur sowie weitere allgemeinbildende Fächer unterrichtet.

Das Berufsgymnasium

Das Berufsgymnasium richtet sich an Schüler, die neben dem allgemeinen Schulabschluss auch eine berufliche Qualifikation erwerben möchten. Die angebotenen Fachrichtungen sind breit gefächert und reichen von Friseur/in, Schneider/in, Designer/in bis zu Bankkaufmann/frau oder Wirtschaftsassistent/in. Der Abschluss am Berufsgymnasium führt zu einer Doppelqualifikation: Die Absolventen erhalten sowohl das Abitur (Fachhochschulreife) als auch eine berufliche Ausbildung. Damit können sie entweder direkt in den erlernten Beruf einsteigen oder ein Studium aufnehmen.

Berufsschulen und Technikums

Eine weitere Möglichkeit nach der 7. Klasse ist der Besuch eines sogenannten „Technikums“ oder einer Berufsschule. Diese Einrichtungen spezialisieren sich oft auf technische Berufe und sind häufig in Fachrichtungen wie Elektrotechnik, Maschinenbau oder Informatik unterteilt. Der Ruf dieser Schulen ist allerdings gemischt, da sie traditionell von Schülern besucht werden, die bei den nationalen Prüfungen schwächere Leistungen erbracht haben. Der Anteil männlicher Schüler ist hier deutlich höher; oft gibt es in einer gesamten Schule nur sehr wenige Mädchen. Trotzdem bieten diese Schulen eine solide praktische Ausbildung und gute Berufsaussichten in den jeweiligen technischen Branchen.

Soziale Aspekte und Herausforderungen

Die nationale Prüfung nach der 7. Klasse gilt als erste große Weichenstellung im Leben der bulgarischen Schüler. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, diese Prüfungen nicht abzulegen oder sie nicht zu bestehen. In diesem Fall verbleiben die Schüler in der allgemeinen Schule. Laut bulgarischem Gesetz besteht keine Pflicht, ein Gymnasium zu besuchen. Dennoch ist der Abschluss der Grundschule (7. Klasse) allein meist nicht ausreichend, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Ein Abschluss am Gymnasium oder einer Berufsschule wird daher dringend empfohlen.

In den letzten Jahren hat sich jedoch eine besorgniserregende Tendenz abgezeichnet: Immer weniger Schüler setzen ihre Ausbildung nach der 7. Klasse fort. Besonders betroffen sind Kinder aus sozial schwachen Familien und Angehörige von Minderheiten, insbesondere Roma. Ein Grund hierfür ist auch, dass Lehrbücher und Schulmaterialien nach der 7. Klasse nicht mehr kostenlos sind, was für viele Familien eine erhebliche finanzielle Belastung darstellt.

Reformen im Bildungssystem

Im Jahr 2009 hat das bulgarische Bildungsministerium ein neues Gesetz verabschiedet, das die Schulpflicht auf die 10. Klasse ausgedehnt hat. Ziel dieser Reform war es, die Zahl der Schüler ohne weiterführenden Abschluss zu reduzieren und die Chancengleichheit im Bildungssystem zu fördern. Darüber hinaus gibt es staatliche Programme zur Unterstützung bedürftiger Familien, beispielsweise durch kostenlose Lehrbücher, Stipendien oder Subventionen für den Transport zur Schule. Trotz dieser Maßnahmen bleibt die soziale Ungleichheit eine Herausforderung für das bulgarische Schulsystem.

Bulgarien Sekundärer Bildungsbereich und die EU-Integration

Das bulgarische Gymnasium ist ein wichtiger Bestandteil des nationalen Bildungssystems und bietet den Schülern vielfältige Möglichkeiten, ihre Zukunft aktiv zu gestalten – sei es durch den Erwerb einer hochwertigen Allgemeinbildung oder durch eine berufliche Qualifikation. Die Wahl des richtigen Bildungsweges hängt dabei stark von den schulischen Leistungen, den individuellen Interessen sowie den finanziellen und sozialen Rahmenbedingungen ab. Bulgarien ist bestrebt, seine Schulen im Vergleich mit anderen EU-Staaten im oberen Drittel zu positionieren. Die regelmäßigen Vergleichstests zeigen, dass die bulgarischen Gymnasien hier auf einem guten Weg sind, insbesondere die Leistungen der Schüler in Vergleichswettbewerben in Mathematik und den Naturwissenschaften liegen auf einem hohen Niveau. Es muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass der Zugang zu bulgarischen Schulen mitunter selektiv erfolgt (Eliteschulen), wodurch es einige sehr gute, aber auch weniger gute Gymnasien gibt.